3.1 Gesamtwirtschaftliche und branchenbezogene Rahmenbedingungen
Die folgende Beschreibung ist ausdrücklich im Kontext der noch andauernden Covid-19-Pandemie zu sehen. Verwendete Daten wurden bis zum Stichtag 30. September 2020 erhoben.
Weltwirtschaft
Zu Anfang des Geschäftsjahres 2019/20 knüpfte die wirtschaftliche Entwicklung an das moderate Wachstum des Vorjahres an. Ausgehend von China und gefolgt von weiteren Ländern Asiens und Europa sowie Nord- und Südamerika führte die rapide Ausbreitung von Covid-19 zu umfassenden Maßnahmen seitens der Regierungen der einzelnen Länder, um das Virus einzudämmen. Diese Maßnahmen gestalteten sich von Land zu Land unterschiedlich und haben sowohl das gesellschaftliche Leben als auch die Wirtschaft in einem teilweise erheblichen Maße eingeschränkt.
Auf wirtschaftlicher Ebene bedeutete dies eine Kombination aus unmittelbaren Angebots- und Nachfrageschocks, die eine weltweite Rezession zur Folge hatten. Dies spiegelt sich in einem Rückgang der globalen realen Wirtschaftsleistung in Höhe von −2,9 % im Geschäftsjahr 2019/20 im Vergleich zum Geschäftsjahr 2018/19 wider. Insbesondere in Q3 2019/20, als zahlreiche Länder aus dem METRO Portfolio von dem Covid-19-Ausbruch stark betroffen waren, fiel der Rückgang des BIP im Vergleich zum Vorjahresquartal mit −6,6 % besonders hoch aus.
Die einzelnen Wirtschaftssektoren und Branchen waren von den Maßnahmen unterschiedlich stark betroffen. Während Branchen wie z. B. die zivile Luftfahrt, der Tourismus und das Gastgewerbe sowie Sport- und Kulturveranstaltungen aufgrund der behördlich auferlegten Einschränkungen zum Teil drastische Umsatzeinbußen verzeichnen mussten, konnten wenige andere Branchen wie Lebensmitteleinzelhandel, Pharmazie, IT sowie Hygieneartikelhersteller von der Situation profitieren.
Die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie wirkten sich – im Vergleich zu vorhergehenden Rezessionen – ohne zeitlichen Verzug auf den Arbeitsmarkt aus. Jedoch konnten viele Länder bislang die Effekte durch Kurzarbeitsprogramme abmildern. Zusätzlich wurden in China, den USA und Europa umfangreiche und sehr groß bemessene Konjunkturprogramme aufgelegt, um die wirtschaftlichen Folgen abzufedern und die Konjunktur wiederzubeleben. Hierzu trugen auch die schrittweisen Lockerungen der Beschränkungen des Sozial- und Wirtschaftslebens bei. Dies führte zu einem leichten Wachstum des BIP in Q4 2019/20 ggü. dem Vorquartal.
Allerdings ist die Pandemie bis zum Ende des Geschäftsjahres 2019/20, vor allem in den größten Volkswirtschaften – mit bisher unklarer Lage in China – noch nicht vollständig überstanden. Wegen der hohen Abhängigkeit der Wirtschaft von der pandemischen Situation ist unklar, ob die ersten positiven wirtschaftlichen Entwicklungen in Q4 2019/20 bereits in eine dauerhafte Erholung münden.
Auch im Lebensmittelgroßhandel waren die Auswirkungen durch die Pandemie sichtbar. Dies lag vor allem an den massiven und unmittelbaren Umsatzeinbrüchen in der Kundengruppe HoReCa. Das gilt besonders in Ländern, in denen Gastronomie und Tourismus traditionell einen höheren Anteil an der Wirtschaftsleistung ausmachen. Lebensmittelgroßhändler mit einem breitem Kundenportfolio konnten diese negativen Effekte teilweise durch Umsätze mit anderen Kundengruppen, z.B. Tradern, oder der kurzzeitigen Öffnung für Endkonsumenten abfedern. Im letzten Quartal des Geschäftsjahres 2019/20 wurde in vielen Ländern ein Anstieg der Umsätze der HoReCa-Branche sowie im Inlandstourismus verzeichnet.
Deutschland
Im Verlauf des Geschäftsjahres 2019/20 ist die deutsche Wirtschaft aufgrund der Covid-19-Pandemie in eine tiefe Rezession gerutscht und im Vergleich zum Geschäftsjahr 2018/19 um −4,7 % geschrumpft. Hierzu trug insbesondere Q3 2019/20 mit einem Wachstumsrückgang von −11,3 % ggü. dem Vorjahresquartal bei. In Deutschland führten frühzeitige und weitreichende Präventivmaßnahmen dazu, dass die wirtschaftlichen und sozialen Restriktionen im Vergleich zu anderen Ländern kürzer und weniger umfangreich ausfielen.
Dennoch trafen die Maßnahmen nahezu alle Wirtschaftszweige, insbesondere aber das Gast- und Veranstaltungsgewerbe, die zivile Luftfahrt und den Tourismus, wobei der Inlandstourismus im letzten Quartal des Geschäftsjahres 2019/20 bereits erste Anzeichen einer Erholung aufwies. Export, Industrieproduktion und privater Konsum brachen im Verlauf des Berichtsjahres signifikant ein. Hingegen stiegen die Ausgaben für Lebensmittel deutlich. Die Inflation stagnierte im Verlauf des Jahres, auch aufgrund der Senkung der Umsatzsteuer ab dem 1. Juli 2020.
Zur Abfederung der Auswirkungen verabschiedete die Bundesregierung umfassende Hilfsprogramme für die gesamte Wirtschaft, wie z. B. direkte Covid-19-Hilfszahlungen und ein Konjunkturprogramm in Höhe von über 200 Mrd. €, setzte die Insolvenzantragspflicht vorübergehend aus und verlängerte für Unternehmen die Möglichkeit zur Kurzarbeit. Die beiden letztgenannten Maßnahmen sollten zu einer klaren Dämpfung des ansonsten zu erwartenden Anstiegs der Insolvenzanmeldungen und Arbeitslosenzahlen führen. Bis Mai lag die Zahl der in Kurzarbeit Beschäftigten bei knapp unter 20 % der Arbeitnehmer und damit deutlich über dem Niveau der Finanzkrise im Jahr 2008.
Obwohl immer noch von wirtschaftlicher Relevanz, sind die Handelskonflikte mit den USA sowie die Verhandlungen zum Brexit in der öffentlichen Wahrnehmung in den Hintergrund geraten.
Der Lebensmittelgroßhandel war nach positivem Wachstum zu Beginn des Geschäftsjahres 2019/20 ebenfalls von der Pandemie und den beschlossenen Gegenmaßnahmen betroffen, was sich anhand der mit diesen Kundengruppen erzielten Umsätze nachvollziehen lässt. Die Kundengruppe HoReCa verzeichnete etwa seit März 2020 massive Umsatzeinbußen, die sich unmittelbar auf den Lebensmittelgroßhandel auswirkten. Lockerungen der Gegenmaßnahmen im Zusammenhang mit der Gastronomie führten seit Q3 2019/20 zu einer Erholung der Umsätze. Das vergleichbare Vorjahresniveau konnte indes nicht erreicht werden. Dagegen konnte die Kundengruppe Trader als Teil des Lebensmitteleinzelhandels von der verstärkten Nachfrage nach Lebensmitteln profitieren.
Westeuropa
Covid-19 und die staatlichen Gegenmaßnahmen hatten auch in den übrigen Ländern Westeuropas massive Auswirkungen auf die gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Entwicklung. Die METRO Länder Westeuropas verzeichneten im Vergleich zum Geschäftsjahr 2018/19 durchweg Rückgänge in der Wirtschaftsleistung: Spanien (−8,9 %), Frankreich (−8,1 %) und Italien (−8,0 %). Bisher wird für das Geschäftsjahr 2019/20 mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung von etwa −7,4 % ggü. dem Vorjahreszeitraum in Westeuropa gerechnet.
Neben nationalen Konjunkturprogrammen soll vor allem das im Juli 2020 von der EU beschlossene Maßnahmenpaket in Höhe von 750 Mrd. € dazu beitragen, die wirtschaftlichen Folgen von Covid-19 aufzufangen bzw. die Konjunktur zu beleben. In den Ländern wurden darüber hinaus eigene Programme zur Stützung des Arbeitsmarkts aufgelegt, z. B. Lohnsubvention oder Kurzarbeit. Daher haben sich die negativen Effekte der Krise bisher nicht gravierend auf die Arbeitsmärkte ausgewirkt. Allerdings waren z. B. in Frankreich bis Mai bereits mehr als 30 % der gesamten Arbeitnehmer in Kurzarbeit.
In Westeuropa sind mehrere Länder des METRO Portfolios stark auf die HoReCa-Kundengruppe ausgerichtet, allen voran touristisch bedeutsame Länder wie Spanien, Portugal, Frankreich und Italien. Da diese Länder durch Covid-19 und die damit verbundenen gesellschaftlichen Restriktionen schwer betroffen waren, wirkte sich dies auch unmittelbar auf die sich zuvor positiv entwickelnde HoReCa-Branche aus. Der Tourismus kam vorübergehend zum Erliegen und die Umsätze im Gastgewerbe brachen stark ein. Jedoch zeigte sich von Mai an eine positive Entwicklung im Inlandstourismus, möglicherweise ausgelöst durch Risiken und Restriktionen bei Auslandsreisen, sowie in den Umsätzen des Gastgewerbes. Diese Entwicklung hielt bis Juli (Ende der verfügbaren statistischen Berichterstattung) an.
Der Lebensmitteleinzelhandel verzeichnete ein erhebliches Wachstum seit Ausbruch der Pandemie, speziell im März wurden sehr hohe Wachstumsraten erzielt. Hiervon sollte auch unsere Trader-Kundengruppe profitiert haben.
Die beschriebene Entwicklung der Kundengruppen HoReCa und Trader hatte auch Folgen für den Lebensmittelgroßhandel, wobei die konkrete Auswirkung von der Kundengruppenstruktur des jeweiligen Großhändlers abhängt.
Russland
Die russische Wirtschaft ist im Geschäftsjahr 2019/20 nach einer positiven Entwicklung im 1. Halbjahr mit −2,9 % im Vergleich zum Vorjahr geschrumpft. Ab März brachen sowohl die Importe als auch die Exporte signifikant ein. Die Arbeitslosenquote stieg moderat an und der private Konsum ging ab Q3 2019/20 deutlich zurück. Zur Stützung der Binnennachfrage ordnete die russische Regierung während der von ihr verhängten, mehrwöchigen Selbstisolation zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie einen vollen Lohnausgleich an. Die Maßnahme zur Stützung der Haushaltseinkommen ist ein Teil eines Konjunkturprogramms, das rund 1,5 % des BIP ausmacht. Infolge der teilweisen Lockerung der Covid-19-Maßnahmen hat sich der private Konsum, der ein wesentlicher Treiber für künftiges Wirtschaftswachstum ist, wieder positiv entwickelt.
Die Auswirkungen der wirtschaftlichen Entwicklung auf die Trader-Branche waren uneinheitlich. Die traditionellen und unabhängigen kleinen Lebensmittelhändler haben einen Rückgang der Umsatzerlöse verzeichnet, der etwa auf dem Niveau der Vorjahre lag. Im Gegenzug konnten die modernen kleinformatigen Lebensmitteleinzelhändler sowohl in der Phase der Restriktionen als auch von der zuletzt positiven Entwicklung des privaten Konsums profitieren. Zu den modernen Kleinformaten zählen auch die Geschäfte, die unter der Marke Fasol von unseren Franchise-Nehmern betrieben werden. Im abgelaufenen Geschäftsjahr haben wir das Fasol-Netzwerk erneut stark ausgebaut. Insgesamt entwickelte sich METRO im Trader-Segment besser als der Markt. Ähnlich wie in den anderen Regionen war die HoReCa-Branche wegen der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie deutlich stärker eingeschränkt und verzeichnete entsprechend rückläufige Erlöse.
Osteuropa
Während die übrigen osteuropäischen Staaten in den Vorjahren ein Wachstum oberhalb der westeuropäischen Nachbarn verzeichnen konnten, folgte ihre Wirtschaftsentwicklung 2019/20 mit einem Rückgang von −2,1 % dem globalen Trend. Ausschlaggebend war auch hier die Ausbreitung der Pandemie, verbunden mit den entsprechenden staatlichen Gegenmaßnahmen. Jedoch wiesen einige Länder wie die Türkei, Kroatien, Tschechien und Polen bereits im letzten Quartal des Geschäftsjahres ein positives Wachstum ggü. Q3 2019/20 auf, was eine Trendwende andeuten könnte. In Anbetracht der Pandemie verzeichnete der Arbeitsmarkt über alle Länder hinweg bisher nur eine leichte Zunahme der Arbeitslosigkeit.
Wie in den anderen METRO Regionen brach auch in Osteuropa der private Konsum im Verlauf des Berichtsjahres ein. Das gilt in gleichem Maße für die Importe und Exporte, wobei diese in Q4 2019/20 gegenüber Q3 2019/20 wieder zunahmen. Insgesamt ist das Niveau jedoch deutlich niedriger als im Vorjahreszeitraum.
Der Wechselkurs zum Euro blieb größtenteils auf stabilem Niveau, während die türkische Lira erneut eine merkliche Abwertung ggü. Euro und US-Dollar verzeichnete.
In den beiden Branchen HoReCa und Trader zeichnete sich ein ähnliches Bild wie in Westeuropa ab. Touristisch geprägte Länder wie bspw. Kroatien und die Türkei wiesen zu Beginn der Pandemie eine deutlich negative Entwicklung in den Umsatzzahlen des Gastgewerbes auf, mit einer positiveren Entwicklung im letzten Quartal des Geschäftsjahres. Die Lebensmitteleinzelhändler konnten auch in Osteuropa ein positives Umsatzwachstum aufweisen.
Asien
Die Auswirkungen der Pandemie zeigen sich auch in den Schwellenländern Asiens, allen voran in China, wo Covid-19 zuerst aufgetreten ist. Dort brachen nach einem erfreulichen Q1 2019/20 der Privatkonsum und das Wirtschaftswachstum im Verlauf von Q2 2019/20 abrupt ein, was aufgrund Chinas wichtiger Position in der globalen Lieferkette auch andere Länder traf. Jedoch begann in Q3 2019/20 eine starke wirtschaftliche Erholung, die sich in Q4 2019/20 fortsetzte. Diese Erholung hatte maßgeblichen Einfluss auf die Gesamtentwicklung des BIP in der asiatischen Region.
Mit zeitlicher Verzögerung ist Covid-19 in anderen asiatischen Ländern aufgetreten. Insbesondere Indien ist hiervon schwer getroffen worden. Mittlerweile verzeichnet Indien die zweitmeisten Infektionen global, was sich auch in einem sehr signifikanten Rückgang der Wirtschaftsleistung und einem starken Anstieg der Arbeitslosigkeit in Q3 und Q4 2019/20 widerspiegelt. Diese Entwicklungen wirkten sich entsprechend auf den privaten Konsum aus.
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2018/191 |
2019/202 |
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Welt |
2,6 |
−2,9 |
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Deutschland |
0,6 |
−4,7 |
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Westeuropa (ohne Deutschland) |
1,4 |
−7,4 |
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Russland |
1,5 |
−2,9 |
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Osteuropa (ohne Russland) |
1,6 |
−2,1 |
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Asien |
3,8 |
−1,2 |
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